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Susanne Leeb

der Unort von KarteN und Das Nirgendwo Der Kunst

drei Weisen der Entortung in der zeitgenössischen Kunst

 

I. Einleitung

 

Sind Karten in der Regel mit konkreten Orten identifiziert, gibt es auch solche, die dieser Grundbestimmung entgehen: Karten von fiktiven Orten, von Utopien, Karten vom Nirgendwo. Thomas Morus’ ‚Utopia’ enthielt bereits in der Ausgabe von 1518 (Erstausgabe 1516) eine Karte, die einerseits das Vorhandensein des von ihm beschriebenen idealen Gemeinwesens suggeriert, und andererseits aber lediglich dessen räumliche Organisation illustriert. Morus’ texliche Schilderungen der Stadt und der Lage der Häuser fallen so detailliert aus, dass der Historiker Brian Goodey Stadtpläne von Utopia auf der Grundlage der Erzählung gezeichnet und so die perfekte geometrische Anlage von Utopia sichtbar gemacht hat (Abb. 1, 2).[1] Eine solche ausführliche Beschreibung macht die Karte zum Modell, zum Plan und damit potentiell umsetzbar, wobei sie nicht zu genau sein darf, um noch überall anwendbar zu sein. Um Karten und Utopien zusammen zu bringen, muss man allerdings nicht bis nach Utopia gehen. Der Semiotiker Louis Marin hat Karten selbst als Utopien, als Unorte, bezeichnet, nicht zuletzt aufgrund ihrer eigenen Ortlosigkeit.[2] Dem Wechselspiel zwischen Karten von Utopien und dem utopischen Aspekt von Karten geht die israelische Künstlerin Tamar Getter (*1953) in einigen ihrer Arbeiten nach und hat darin zu einer eigenen Formulierung des Nirgendwo gefunden, mit der sie diese beiden anderen Formen des Nirgendwo – die Karte als Utopie und die Karte der Utopie – in Frage stellt.

Mit Getters Kunst, Marins Titulierung von Karten als Utopien und mit Karten von Utopien ist ein Feld abgesteckt und ein Zeichenspiel zwischen Kunst, Karte und Utopie eröffnet, das im Folgenden entfaltet werden soll. Zu fragen ist nicht zuletzt, um was es aus künstlerischer Sicht in der Auseinandersetzung mit Kartographie und deren inhärenter oder expliziter Utopie geht. Weniger das Territorium steht dabei im Vordergrund als zum Beispiel der Modus der Subjektivierung qua Kartographie als Form der Repräsentation. Entsprechend finden beide auf Einschreibeflächen statt, einer Leinwand, einem Stück Papier, bei denen im Fall der Karte das Territorium mitgemeint ist, während die andere, die Kunst, deren Zeichenspiel und dessen Implikationen fokussiert und Strategien der Entortung aufweist. Auf dieser Ebene zu agieren bedeutet, dass Kunst nicht in eine vermeintliche abgebildete Realität, sondern in die Logik der Repräsentation eingreift und möglicherweise die durch Karten freigesetzten Imaginationen verändert.

Neben Getter stehen im Folgenden zwei weitere künstlerische Werkkomplexe zur Diskussion, die angesichts der Vielzahl möglicher künstlerischer Bezüge auf Kartographie[3] ein Themenfeld eint: Dierk Schmidt, Christine Meisner und Getter etablieren in all ihren Arbeiten, bei allen Unterschieden in der konkreten Arbeitsweise, den Medien, den historischen Bezügen und dem territorialen Kontext – Meisner: die USA Mitte des 19. Jahrhunderts, Schmidt: das Kongobecken und Namibia im späten 19. Jahrhundert und heute, Getter: Palästina/Israel in den 1920er Jahren –, einen Zusammenhang von Kartographie und Kolonialisierung unter Rekurs auf Utopien oder den utopischen Gehalt von Karten. Dass die künstlerischen Entwürfe diese imaginäre und fiktive Ebene von Karten, wobei Utopien nur der Extremfall sind, besonders adressieren, ist dabei nicht nur den mehr oder weniger zufälligen politischen Interessen der jeweiligen KünstlerInnen geschuldet. Marcel Broodthaers hat die Nähe von Realität und Fiktion durch einen Handstreich herausgestellt, wenn er in der Arbeit ‚Carte d’une utopie politique – 1 ou 0’ (1973) in der Inschrift einer Weltkarte – ‚Carte du monde politique’ – das Wort ‚Welt’ durch ‚Utopie’ ersetzt.[4] Weiterhin besteht eine lange Tradition der Verbindung zwischen Kunst und Utopie. Auch teilen sich Utopie, Kunst und Kartographie das Phantasma des weißen Blattes als leerer Raum. Und sie haben alle Teil an einer Weltbildproduktion, bei der Kunst die Weltbezüge der anderen möglicherweise in Frage stellt oder vorhandene ersetzen kann. In den drei künstlerischen Arbeiten, die das Thema Kartographie und Kolonialismus eint,[5] geht es auf jeweils andere Weise darum, den Ortsbezug, den Karten etablieren, und die damit verbundene Möglichkeit territorialer Aneignung oder imaginärer Beherrschung, außer Kraft zu setzen.

 

II. Kolonialismus, Karten, Kunst

 

Auch als fiktive haben Karten von Utopien und Karten als Utopien Auswirkungen auf die Schaffung von realen Orten gehabt. Karten sind nicht nur Repräsentationen, sondern auch Projektionen. Nicht nur wird in und mit ihnen ein Stück Land oder See auf ein Stück Papier übertragen, auch umgekehrt entwerfen sie einen Raum, den imaginären des Papiers, auf einen anderen hin, den des Territoriums. Dass Karten auch Orte schaffen und nicht nur abbilden, ist Effekt einer kartographischen Imagination. Dabei ist zu betonen, dass es nicht fiktive Karten von Utopien oder realistische Karten von tatsächlichen Orten gibt, sondern sowohl den Utopien ein Realisierungspotenzial als auch Karten von konkreten Orten oder Gebieten als Zeichensystem fiktive und imaginative Anteile inne wohnen.

Unter welchen Umständen das Projektive von Karten in die Realität umgesetzt wird, ist für die jeweiligen historischen und politischen Fälle zu analysieren. Gleichwohl hat die jüngste Kartographiegeschichte, die sich mit Karten als machtpolitischem Instrument befasst, auch deren Logik der Repräsentation bedacht, die als Wissen Handeln möglich macht. Wenn etwa J.B. Harley Karten als „thick“ Text begreift und sie als eine „socially constructed form of knowledge“ und als „kind of language“ versteht,[6] ist Semiotik als Hilfswissenschaft der kritischen Geographie nicht weit. Karten als eine Klasse rhetorischer Bilder zu begreifen, deren Regeln ihre spezifischen Kodifizierungsformen und die Weisen ihrer sozialen Produktion und ihres sozialen Austauschs bestimmen, würde uns, so Harvey, die Mechanismen besser verstehen lassen, durch die Karten zu einer politischen Kraft in der Gesellschaft würden.[7]

Insbesondere Louis Marin hat diese Logik der Repräsentation verfolgt; und folgt man ihm, unterhalten Karten eine fast paradoxe Beziehung zu dem von ihnen bezeichneten Ort. Einerseits werden sie mit ihrem Gegenstand identifiziert: Eine Karte von Italien ist Italien, wenn auch nur als Zeichen und Figur. Gleichzeitig haben Karten aber selbst keinen Ort, unterhalten also eine enge Beziehung zu einem solchen, ohne dieser zu sein. Das unterscheidet sie zwar nicht von anderen Repräsentationsformen, es scheint aber im Fall von Karten durch die visuelle Ähnlichkeit weniger arbiträr. An Karten als Musterfall von Repräsentation[8] lässt sich die Frage knüpfen, inwieweit mit dieser spezifischen Form von Repräsentation auch eine spezifische Form von Handlung einhergeht und sie eine solche provozieren kann. Eine Repräsentation und die dafür konstitutive Gleichsetzung von Karte und Ort – das deiktische „das ist Italien“, wenn man auf eine Karte von Italien zeigt[9] – lässt jedenfalls den Weg von der Karte zum Ort nicht sehr weit erscheinen. Das deiktische „das ist“ (im Sinne von „das ist Italien“) überbrückt die ontologische Kluft zwischen der Ortlosigkeit der (transportierbaren) Karte und der Realität des Orts. Und, so Marin, obwohl man über nichts anderes spricht, als über den Namen des Ortes (Italien), meint man doch die Sache selbst. Marin fasst diesen Widerspruch in die Formel, dass die Karte die Erde selbst sei – als Repräsentation.[10]

Die qua visueller Ähnlichkeit evozierte identitäre und gleichzeitig supplementäre Logik der Repräsentation – ihr Drang den Gegenstand zu ersetzen – setzt das Phantasma frei, vom Papier direkt auf das Territorium übergehen zu können. Obwohl der Zusammenhang von Plan, Karte und Implementierung so naheliegt, ist er selten thematisiert worden; Christine Buci-Glucksmann hat eine Bestandsaufnahme des kartographischen Blicks und dessen Veränderung durch mehrere Jahrhunderte vorgelegt[11], ohne allerdings mit dem Blick schon eine spezifische Handlungsform zu assoziieren, wie es Michael Foucault mit dem panoptischen Blick und dem Regierungsmodus des Überwachens getan hat. Allerdings hat die kritische Geographie hier in jüngerer Zeit Lücken gefüllt und gezeigt, inwieweit Kartographie ein unerlässliches Instrument zur Kolonialisierung war. Walter Mignolo zeigt, dass allein schon die Namensgebung „Lateinamerika“ als Eintrag in eine Karte und damit das Überschreiben bzw. Tilgen bereits vorhandener Bezeichnungen und Namen ein Akt kolonialer Aneignung war.[12]

Anhand einiger exemplarischer Fälle aus der Geschichte der Kolonialisierung lässt sich zeigen, dass und wie eine direkte Übertragung von der Karte auf das Territorium statt gefunden hat. Sie stammen aus Kontexten unterschiedlicher Orte und Zeiten: der Berliner Afrika-Konferenz, der Kolonialisierung Lateinamerikas sowie der Kolonialisierung Palästinas. Es handelt sich um Fälle, mit denen sich Schmidt, Meisner und Getter in ihren Arbeiten beschäftigt haben oder von denen sie ausgegangen sind.

 

1. ‘Die Teilung der Erde’ (2004-2010): Karten als Verhandlungsraum

Der Berliner Künstler Dierk Schmidt (*1965) hat eine an Karten erinnernde Malereiserie über die Berliner Afrika-Konferenz von 1884/85, die den Beginn der imperialen Kolonialisierung Afrikas ausgehend vom Kongobecken markiert, angefertigt, sowie über diese Konferenz und ihre juristischen Folgen bis heute ein Buch in Atlasform publiziert.[13] (Abb. 3) Schmidts Tableaus sind halbabstrakte Flächen und gleichzeitig (Bild-)Räume und Raumbilder, die die Abstraktionen der Kartographie nachvollziehen und auf historische Karten, die damals Instrument der Kolonialisierung waren, rekurrieren. Dies gilt insbesonders für die damals nagelneue Afrika-Karte Heinrich Kieperts, die während der Berliner Afrika-Konferenz im Kronprinzenpalais in Berlin an der Wand hing und in der damaligen Presse als besonders bedeutsames Werk hoch gelobt wurde. Gemäß der Einschätzung des Historikers Ronald Robinson wurde die Aufteilung des Kongobeckens und, in Folge, des afrikanischen Kontinents durch die neu erstellte Karte von Kiepert wesentlich befördert: Auf der Konferenz „steckten die Teilnehmer die Karte ab – eine theoretische Übung auf einem Kontinent, der bis dato nicht in dieser Form der Anschaulichkeit existierte. Eine spekulative Teilung kostet wenig auf diplomatischem Papier und kein ernsthaftes koloniales Anheizen war erforderlich, um diesen Prozess zu aktivieren.“[14] Die Modellhaftigkeit einer solchen Karte und ihr abstrakter Charakter haben mit anderen Worten die Planungsphantasien beflügelt, während die spezifische Darstellungsform der Landkarte, die nur die geographischen Gegebenheiten wiedergibt, zugleich suggeriert, dass diese Phantasien und Ansprüche ohne Rücksicht auf konkrete Gegebenheiten, materielle Widerstände oder gar dortige BewohnerInnen und deren Formen der Landkultivierung implementierbar sind.

Die Arbeit Schmidts weist dabei auf einen sehr spezifischen Aspekt der Karte hin: auf den juridischen Term der „Terra Nullius“, der das vorhandene Gebiet zum unbewohnten und aneigbaren Gelände deklariert. Dieser Term schließt an die koloniale Phantasie an, bei einem zu kolonialisierenden Land würde es sich um ein „unbeschriebenes“ Blatt handeln, um „jungfräuliche Erde“ – eine männliche Eroberungsphantasie, die bei der Kolonialisierung eine maßgebliche Rolle gespielt hat.[15] Eine weiße Fläche legt nahe, dass eine neue, ursprüngliche, geschichtsfreie Einschreibung und eine Modellierung dieses Terrains nach eigenen Plänen möglich seien. Es gibt daher auch kaum eine koloniale Geste, die nicht auf einer solchen Phantasie beruhen würde: Dies gilt für die Mythen des freien, wilden Westens ebenso wie für die Wüste als scheinbar unmarkiertes Territorium oder auch den juristischen Term der „terra nullius“ selbst.[16] Nicht zuletzt verbindet des die koloniale Phantasie auch mit der Utopie, die gleichfalls von dem Gedanken getragen ist, nochmal bei Null anzufangen.

Schmidts Arbeit besteht nun darin, einerseits in diese kartographisch „entleerten“ Orte die damals anwesenden Akteure per Zeichen wieder einzutragen und sichtbar zu machen; andererseits auch solche Spuren zu verzeichnen, anhand derer heutige Rechte und Entschädigungsforderungen – in diesem Fall der Herero für den von den deutschen Kolonisatoren begangenen Völkermord – als Raumpraxis sichtbar werden. Dies erfolgt etwa in einer Darstellung von Fußspuren, die den Gang der Entschädigungsklage  im Zuge des Völkerrechts visualisieren (Abb. 4), oder von solchen, die ein von den Herero jährlich praktiziertes Erinnerungsritual nachzeichnen, bei dem durch Marschieren ein Rechtsanspruch artikuliert wird. In diesen Arbeiten wird eine Bewegung kartiert und damit ein Anspruch, statt ein Territorium markiert.[17] Die von Schmidt unterstützte Forderung ist insofern ortlos, als sie den abstrakten Weg des Völkerrechts und den politischen Verhandlungsraum nachzeichnet; seine Karten zeigen keine Territorien an, sondern deren Behandlung als juridisch-bürokratische Verschiebemasse. Indem Schmidt selbst abstrakte Gebilde produziert, in denen das Kartographische zudem durch einen kräftig orangen Farbton und das Drehen der Karten um 90 Grad verfremdet ist, wird die Abstraktheit von Karten und damit ihre Funktion als Medium der Verhandlung sichtbar. In der Arbeit sind damit zwei konträre Handlungen – die Aneignung eines Territoriums und der Weg der juristischen Klage – einander gegenüber gestellt, wobei Schmidt nur durch die Metapher des juristischen „Gangs“ die Klage visuell darstellen und damit diese unterschiedlichen Ordnungen miteinander konfrontieren kann. Der Ortsbezug, der durch den Zusammenfall von juridisch-politischem Raum im Akt der Aneignung durch die Kolonialmächte, etabliert wurde, wird auf diese Weise wieder in den Rechtsraum aufgelöst, der zur Verhandlung steht und in dem diese Forderung besteht.

2. ‘Removal, Soil and Escape’: Diagramm statt Karte

Ein weiterer Fall für die Übertragung von Karten auf das Territorium inklusive der durch Karten beförderten oder freigesetzten Handlungsformen – und ihrer künstlerischen Unterbrechung – stammt aus der Kolonialgeschichte Amerikas. In ‚Passagiere und Papiere. Schreibakte auf der Schwelle zwischen Spanien und Amerika’ beschreibt Bernhard Siegert, wie zu Beginn der Kolonialisierung Süd- und Mittelamerikas im 16. Jahrhundert tabellarische Passagierlisten der spanischen Kolonialverwaltung auf das neue Territorium transferiert wurden. Unter Rekurs auf den bereits kolonialen Gebrauch der Rasterstruktur zur Landmarkierung und Landeinteilung in der Antike und auf eine von Martin Heidegger ins Spiel gebrachte Etymologie, verweist Siegert darauf, dass „representare“ „Ins Bild setzen“, „Zum Gegenstand machen“ und auch „Unterwerfen“ heißt.[18] Es sei dann nur noch ein weiterer Schritt, diese Logik der Repräsentation auf einen Ordnungsraum zu beziehen, in dem eine „ästhetische, politisch konnotierte und grammatisch konzipierte Ordnung sichtbare Gestalt annehmen kann“[19]. Konkret bedeutet dies, dass die Rasterstruktur der Tabellen und Listen, in denen die Passagiere verzeichnet wurden, zu eben solchen rasterartigen Grundrissen der städtischen Neugründungen in den Kolonien führte, die auf diese Weise in Parzellen eingeteilt wurden. Insbesondere mit dem Siedlungsplan von Teutenango in Mexico aus dem Jahr 1582 (Abb. 5) scheint, so Siegert, der „Kurzschluss zwischen Rasterpapier und trazado a cordel [...] tatsächlich vollzogen“: „Hier sieht man, wie die Landnahme, der politisch-juristische Nomos, zusammenfällt in der graphischen Operation auf der Papierfläche; politischer Ort und diagrammatischer Ort fallen in eins.“[20]

Innerhalb dieser Ordnung, die durch das Übertragen von Rasterstrukturen auf ein Territorium zustanden kommt und damit das Raster zur Karte macht – wie schon in Morus’ ‚Utopia’ –, wird Personen ein Platz an eben diesem Ort und, weitergehend und sich zur Metapher verallgemeinernd, in der Gesellschaft zugewiesen. Das Funktionieren einer Raumvorstellung, in der Leute, Dinge etc. in einem Raum lokalisiert werden, hat Donna Haraway wie folgt beschrieben: „Spatialization as a never-ending, power-laced process engaged by a motley array of beings can be fetishized as a series of maps whose grids non-tropically locate naturally bounded bodies (land, people, resources – and genes) inside ‚absolute’ dimensions like space and time. The maps are fetishes insofar as they enable a specific kind of mistake that turns process into non-tropoi, literal things inside containers.“[21] Nicht umsonst ist das neuzeitliche Flächenraster die in die Horizontale geklappte Fläche des perspektivischen Containerraums.

Die Künstlerin Christine Meisner (*1970) hat diesen Aspekt von Karten zum Ausgangspunkt einer Arbeit gemacht, die sich auf die Geschichte der USA bezieht. In der Zeichnung ‚Removal, Soil and Escape’ (2009) (Abb. 6), die Teil eines größeren Zeichnungsprojektes über die Flucht von Sklaven aus den Südstaaten in den Norden ist, hat sie den Akzent vom Raum der Einschreibung auf die Akteure verlagert, indem sie sowohl den rasterartigen Ordnungsraum als Kolonialisierungsinstrument und damit die Möglichkeit der Verortung als auch die Toponyme tilgt. Nur die Bewegungsrichtungen, die das Zeichenpapier zur Wegekarte machen, sind angezeigt – und ein Flußlauf, der sowohl Grenze wie Transportweg vor allem von Sklaven war. Mit dieser Diagrammatisierung der Karte sind die Züge der Go-West-Kolonisatoren sichtbar, die gekreuzt werden von den Fluchtbewegungen von Sklaven, die mit Hilfe der „Underground Railroad“ nach Norden geflohen sind[22]. Von ‚Diagrammatisierung’ ist zu sprechen, da Richtungsvektoren angezeigt sind, jedoch ohne jemanden oder etwas zu lokalisieren, worin für gewöhnlich die wichtigste Funktion von Karten besteht. Die Bewegungszüge transformieren den fixierten und fixierenden Raum der Karte in einen von Gewalt bestimmter Mobilität.

3. Das Utopische an Karten

Es gibt allerdings noch weitere Aspekte, die Siegert anführt, und die eine Verbindung zwischen Karten und Utopie etablieren. Das bereits in der Antike existierende Raster[23] wurde als Mittel der Stadtplanung im Mittelalter wieder rezipiert und für die Planung einer Idealstadt verwendet, und gelangte dadurch an die Schwelle der Neuzeit. Siegert betont das Zusammenfallen mehrerer Ordnungen in der frühen Neuzeit, bei der sich das antike Raster, Listen, Utopie und Idealstadt überlagern. „Das Ergebnis dieser Überlagerung des urbanen Rasters durch das repräsentationale Raster ist: Der Kolonialismus mobilisiert das sozialutopische Potential, das in der Logik der gerasterten Oberfläche liegt und bringt es in den rasterförmigen Siedlungsheterotopien Lateinamerikas zur Geltung [...]“[24]. Das sozialutopische Potential, das Siegert hier anspricht, ist die Idee des Rasters sowohl als Verteilungsraum der Gleichheit als auch der Kontrolle – eine Gleichzeitigkeit, die die Rasterplanungen bis ins 20. Jahrhundert sowohl in sozialistischen Utopien als auch in biopolitischen und militärischen Projekten durchzieht.[25]

Allerdings waren nicht alle Idealstädte rasterartig konzipiert. Die zweite geometrische Grundform, der Kreis, hat seine Wurzeln ebenfalls in der Antike, in Platos ‚Timaios’, wo der Kosmos als perfekte Kreisform beschrieben wird, was wiederum der idealen Stadt entsprach. Auch das biblische ‚Neue Jerusalem’ sowie Morus’ ‚Utopia’ waren kreisförmig konzipiert. Die Gleichsetzung der ‚Neuen Welt’ mit dem Paradies oder eben Utopia wurde durch Morus’ Buch maßgeblich mitbetrieben. Morus’ hat seine Insel Utopia in der ‚Neuen Welt’ lokalisiert und den Berichterstatter, den portugiesischen Reisenden Raphael Hythlodaeus, als jemanden fingiert, der mit Amerigo Verspucci drei Mal in die Neue Welt gesegelt war.[26] Daher verwundert es kaum, dass laut Siegert eine der Schlüsselfiguren des Missionierungsprozesses Lateinamerikas, Vasco de Quiroa, der 1531 in Mexiko ankam, eine Ausgabe von Morus’ ‚Utopia’[27] besaß.

Diese engen Verbindungen, die sich hier zwischen Utopien, Idealstädten und Kolonialisierung zeigen, werden durch das dritte Element, die Karte zusätzlich befördert, handelt es sich doch bei allen drei Aspekten um Ordnungen des Raums. Hinzu kommt, dass Karten selbst, laut Marin, Utopien sind. Er hat Karten „Un-orte“ genannt, nicht nur weil sie selbst keinen Ort haben, sondern vor allem weil in ihnen meist mehrere miteinander unvereinbare Blickpunkte und Aussagesysteme am Werk sind.[28] Sie seien dann Utopien, wenn der Ort, von dem aus Karten sich für den Blick darbieten, keiner ist, der einer möglichen Raumlogik entsprechen würde. Ein ebenso idealer wie unmöglicher Betrachterstandpunkt hat keinen Ort in der Welt, von dem aus eine Aussage getroffen, eine Karte gezeichnet werden könnte. „It is a point of space where no man can see: a non-place not outside space but nowhere, utopic.“[29] Dies gilt vor allem für alle Idealdarstellungen: Karten etwa des Heiligen Jerusalems, der Heiligen Stadt oder die konzentrischen Kreise des Templum Salomonis sind, so Marin, ein „Bild der Welt in ihrer Totalität“ und der gezeigte geographische Raum ist die „Transkription des ‚Meta-physischen’“[30] in die dargestellte Erde. In diesem Fall reklamieren sie universale Bedeutung, „aus der Einzelfälle, besondere Momente und spezifische Orte“[31] ausgeschlossen sind. Weniger Landkarten als utopische Figuren, bewegen sie sich zwischen Panorama und Geometrie.[32] Dennoch wurden sie, ungeachtet ihrer Idealität, zum Planungsmodell in kolonialen Kontexten. Diesem Umschlagen geht Tamar Getter unter Rekurs auf Idealstadtpläne nach, die bei der Kolonialisierung Palästinas eine wichtige Rolle spielten.

 

 

III. TAMAR GETTERS NIRGENDWO

 

Wenn Marins Definition gilt: „Utopia is first and foremost a spatial organization designed for complete human dwelling, an activation of a sort or dwelling fantasy[...]“[33], dann ist Israel eines der Länder, in dem diese Phantasie in die Realität umgesetzt wurde und im Zuge der anhaltenden Siedlungspolitik verwirklicht wird.[34] Dass sich Getter in ihrer Auseinandersetzung mit der israelischen Moderne daher auch mit Karten und Stadtplanung befasst, resultiert vor allem aus dieser engen Verknüpfung von Architektur und Geschichte, von idealen Plänen und deren Implementierung. Dabei zwischen dem Nirgendwo von Karten und Utopien und dem Nirgendwo ihrer Kunst einen Unterschied auszumachen, ist einer Aussage Getters geschuldet, die behauptet, mit ihrer Arbeit „nirgendwohin“ gelangen zu wollen.[35] Diese Aussage ist fast paradox, impliziert ein Ziel zu formulieren doch meist, irgendwohin gelangen zu wollen, was gleichermaßen das Ziel der zionistischen Utopie war, die sich bald in einer Vision und dann in einem Plan und seiner Realisierung konkretisieren sollte. Daher nimmt sich Getters Paradoxie fast programmatisch aus, wenn man die Themen berücksichtigt, mit denen sie sich befasst. Ihre Aufmerksamkeit gilt der Moderne, dem frühen Zionismus der 1910er und 1920er Jahre, mitsamt der durch ihn geschaffenen (nationalen) Gründungsmythen, Utopien und deren Gestaltwerdung qua modernistischer Architektur – unter Rekurs auf Karten und Idealstadtpläne.

Anders als Getters „nirgendwo“ steht am Anfang dieser modernen Geschichte Israels/Palästinas das Nirgendwo einer Utopie – einer Rückkehr aus der Diaspora nach Palästina –, die schon bald in ein konkretes politisches Ziel transformiert wurde. Ein Katalysator für die nach anfänglicher Zurückweisung zunehmend populärer werdende Idee einer „Heimstätte“ im ‚gelobten Land’ war Theodor Herzels Roman ‚Altneuland’ (1902) – ins Hebräische übersetzt als ‚Fühlingshügel’: ‚Tel Aviv’. Anders als in seinen politischen Schriften gab mit dem Roman der ungarisch-österreichische jüdische Schriftsteller und Journalist dem politischen Zionismus die Form einer literarischen Utopie. Diese besteht aus einem Narrativ, nach dem eine arme jüdische Familie aus Wien mit der Unterstützung eines Gönners nach Palästina emigriert. Dieser Gönner trifft sie dort viele Jahre zufällig wieder und wird von dem mittlerweile erwachsenen Sohn durch die prächtigen Gemeinwesen geführt und mit der progressiven Organisationsstruktur bekannt gemacht. Auch wenn der frühe Zionismus zunächst keinen konkreten Ort anvisiert hatte – auch andere Namen waren als Heimstädte kurzzeitig im Spiel, vor allem Uganda und Argentinien[36] –, so war es für die Realisierung des Zionismus förderlich, dass Herzl seine Utopie bereits in Palästina spielen ließ. Diese Utopie besaß also bereits einen konkreten Bezug zu einem Ort.

Auch Getter löst diesen Ortsbezug auf, und verstärkt ihn zugleich: auflösen, indem sie ihn an Körper statt Territorien bindet und verstärken, indem sie die Folgen solcher Idealvorstellungen für einzelne Körper thematisiert. Im Unterschied zu Meisner, die den Ortsbezug durch das Wegziehen des euklidischen Rasters tilgt, und anders als Schmidt, der juridischen Raum und Territorium wieder trennt, besteht Getters ‚Entortung’ der Karte darin, dass sie darauf reflektiert, welche Folgen die für die Kartographie charakteristische Abstraktion, von konkreten Gegebenheiten eines Ortes abzusehen, für den/die Einzelnen hat. Darin treffen sich wiederum Karten und Utopien, sehen beide als ideale Gebilde doch ebenfalls vom Einzelfall ab. Andererseits geht es darum, inwieweit sich durch Kunst ein anderes Nirgendwo als das der Utopien formulieren, das sich auch nicht wieder an ein Territorium rückbinden lässt. Mit ihrer künstlerischen Praxis des „nirgendwo“ antwortet Getter damit auf Spezifika von Karten: deren Charakter als Unort und deren utopischen Gehalt sowie die möglichen Folgen für die Subjektivierung durch Formen utopischer Idealität. Ihre Arbeit konzentriert sich also eher auf Subjektierungsformen durch Karten und Diagramme statt auf deren vornehmlichstes Ziel der transparenten Repräsentation und Verortung im Raum. Sie richtet sich auf die mit Karten und Idealplänen verknüpften Phantasien, Ideale und Versprechen nach einer besseren oder sogar perfekten Welt, und fragt nach deren subjektivierenden Folgen für einzelne, die sich an solchen Idealen zu messen, in ihnen aufzugehen haben – und angesichts der formulierten Idealität daran nur scheitern können. Die Utopie von Karten und Karten von Utopien kommen in ihren Arbeiten mehrfach zum tragen. Vor allem in zwei Arbeiten hat sie sich mit Karten und Diagrammen befasst: in ‚Suzanna’s Cities’ (1993) und ‚Boulevard Central (Nordau Gartenstadt)’ (2002).

 

1. ‘Suzanna’s Cities’ (1993)

Bei ‚Suzanna’s Cities’ (Abb. 7) handelt es sich um eine temporäre, nach Ausstellungsende wieder übermalte Wandarbeit für einen Kunstraum in Straßburg, die aus der zweifachen Übertragung einer kartographischen Stadtansicht der oberitalienischen Idealstadt Palma Nova besteht. Diese Ansicht stammt aus dem sechsbändigen Atlas von Stadtansichten und Stadtplänen, die Georg Braun in Anlehnung an Abraham Ortelius’ ‚Theatrum Orbis Terrarum’ (1570) unter dem Titel ‚Civitates Orbis Terrarum’ zwischen 1572-1618 herausgegeben hat, und für den der Graveur Frans Hogenberg unter vielen anderen Plänen denjenigen Palma Nova gestochen hat.

Palma Nova (Abb. 8) wurde 1593 von den Venezianern als Festungsstadt unter Beteiligung des venezianischen Stadtbaumeisters Vincenzo Scamozzi gebaut, und ist eine der wenigen tatsächlich realisierten Idealstädte der Neuzeit. Es handelt sich um eine Verteidigungsanlage, wobei die großen Schneisen und die Straßenanlage insgesamt ein zügiges Aufmarschieren des Heeres gewährleisten sollten. Entsprechend lag ihr eine hierarchische Gliederung zugrunde: die Offiziere in der Mitte, dann die Soldaten und am Rand die Söldner. Solche Plan- oder Idealstädte nahmen ihren Anfang in Albertis Traktakt ‚De re aedificatoria’ in Form einer sich an Vitruv anschließenden Beschreibung.[37] Sie waren nach dem Gesichtspunkt der geometrischen Vollkommenheit konzipiert, wobei Alberti die Kreisform bevorzugte. Mit der Anforderung besserer Wehrförmigkeit als Folge der Entwicklung von Feuerwaffen hatte sich ein sternförmiger Grundriss herauskristallisiert, den man auch in Palma Nova wieder findet. Obwohl umstritten ist, ob Idealstädte überhaupt der Gattung der Utopie zuzurechnen sind, könnte man sie zumindest – und das tut Hanno Walter Kruft, der ihre Zugehörigkeit sonst verneint – als den „paradoxen Realisierungsversuch einer Utopie“[38], als „Ausdruck eines utopischen Gestaltungswillens“[39] verstehen, in der sich eine perfekte ästhetische Ordnung mit der gesellschaftlichen Ordnung deckt. Müssen für Kruft „Utopie, ästhetische Reflexion und urbanistische Umsetzung [...] zusammentreten, wenn man von einer ‚Idealstadt’ sprechen soll“[40], so fasst Ruth Eaton die Definition weiter, indem sie auch solche Garnisonsanlagen zu Idealstädten zählt. Ausschlaggebend ist hier die geometrische Perfektion. Ist dies genau der Punkt, der Getter an Idealstädten interessiert, kann man von Kruft die Kongruenz von Stadtanlage und Idealität des Gemeinwesens, die die frühen Entwürfe der zionistischen Gartenstädte prägen sollte, als weiteres Charakteristikum hinzuziehen. Auch Colin Rowe stellt die Gartenstädte, die in Getters zweiter Arbeit ‚Boulevard Central’ die zentrale Rolle spielen, in eine Tradition der geometrischen Perfektion, die von Platons ‚Timaios’ über frühneuzeitliche Stadtanlagen, über die Revolutionsarchitektur im 18. Jahrhundert, über die Idee der Gartenstadt Ende des 19. Jahrhunderts bis zu den Entwürfen von Le Corbusier reicht.[41]

Analysiert man die Bildrhetorik der Karte von Palma Nova, wird man schnell der Unvereinbarkeit zwischen Vogelschau und Aufsicht gewahr. Der Stern ist planimetrisch konstruiert, wobei die Vignetten die Flächigkeit zusätzlich betonen, während die Häuser in vogelperspektivischer Ansicht wiedergegeben sind. Marin hat in seinem Essay ‚Le Portrait de la ville dans l’utopique’ darauf hingewiesen, dass die Vogelschau, die ein fast panoramahaftes ‚Porträt’ einer Stadt liefert, und die geometrische konstruierte Karte zwei miteinander unvereinbare Blickwinkel sind. Genau deshalb hatte Marin betont, dass solche Repräsentation Nicht-Orte sind. Zwar ist fast alles zu sehen – sogar BewohnerInnen –, allerdings um den besagten Preis, dass es diesen Ort, von dem aus alles sichtbar ist, tatsächlich nicht gibt.

Die im Maßstab viel zu groß gezeichneten Figuren haben aber noch eine andere Funktion: Sie verbinden die metaphysische Qualität der Sternförmigkeit mit dem vorgeblichen Stattfinden eines städtisches Lebens, so dass Idealität, utopischer Gestaltungswille und Realität zusammenzufallen scheinen. Solche Details haben laut Marin die Funktion „to give the impression that this representation is like reality itself; a narrative meets the eye, just as in reality, in its very unpredictable contingency.“[42] Ziel solcher Karten, so Marin, sei es allerdings nicht nur Ähnlichkeit mit der Realität zu erreichen, sondern die ihnen scheinbar zugrunde liegende Wirklichkeit zu ersetzen, um so eine universelle Wahrheit zu kreieren, in der eine „perfect adequation in signs, figures, things, and ideas“[43] herrscht. Die Folgen für den Einzelfall lauten: „The singular cases, exceptional moments, and specific places would be excluded from this universal meaning.“[44] Oder anders gesagt: Sie gehen restlos in dieser Bedeutung auf. Diese perfekte Entsprechung macht die universelle Wahrheit der Repräsentation als Utopie aus, die ein autonomes und geschlossenes Ensemble bleibt. Marin analysiert eine weitere wichtige Eigenschaft: Solchen Darstellungen haftet eine bestimmte Zeitlichkeit an, oder besser gesagt: keine, das heißt eine zeitlose Gegenwart, denn ein Standort des ‚Hier und Jetzt’ ist aus einem solchen Diskurs getilgt. Der Akt der Artikulation selbst werde so, nochmals Marin, aus der Äußerung (franz. énonciation), die solche Karte darstellt, gestrichen.

All dies sind nun Eigenschaften, in die auf Zeichenebene einzugreifen möglich ist. Getter selbst hat Palma Nova in einem ähnlichen Sinn wie Marin analysiert und streicht die Zeit- bzw. Geschichtslosigkeit idealer Vorstellungen heraus: „Palma Nova is a city devoid of any past. Its plan abolishes the past, and so it abolishes the present, too. Inasmuch as it is ideal, it leaves no space for the experience of any indiviudal. It rules out individuals by negating the body in its specifity, both physical and historical. In other words, it proposes a place by negating any aspect of a place.“[45] Entsprechend gehört es auch zu einem Merkmal der Idealstädte seit Filarete, der zwischen 1457 und 1564 die erste „vollständige ideale Stadt der Renaissance konzipierte“, dass sie – und hierin liegt die Verwandtschaft zu kolonialen Phantasien – auf „unberührtem Land“[46] angesiedelt sind, um nicht aufgrund möglicher vorhandener Strukturen Abstriche bei der idealen Konfiguration machen zu müssen.

In ‚Suzanna’s Cities’ wird der Idealplan zunächst dupliziert, was dem Prinzip der Idealität entgegenläuft; denn von einem idealen Plan von universeller Gültigkeit bräuchte es nur einen, aber keine zwei, die sich zudem noch unterscheiden. „[...] can it be both double and ideal?“[47], wie Getter rhetorisch in einem Vortrag fragt. Freihändig nachgezeichnet, schleichen sich dabei Abweichungen und, gemessen am Ideal, Fehler ein: „I projected Scamotto’s [sic!] plans on the wall and used them as a basis for utterly imaginary buildings, improvized from an ‚amateur bird’ view, all carried out freehand. Thus each building is another fantasy and a new violation of Euclidean planimetry.“[48] Getter verbindet ihre „Pseudoverdoppelung“ mit einem Brief, den sie neben die Karten an die Wand per Hand geschrieben hat. In diesem erzählt die fiktive und zugleich biblische Figur Suzanna ihrem Liebhaber, einem deutschen Architekten, von ihrem neuen Liebhaber, einem Georgier, der in Israel gestrandet ist, aber nach Amerika will. Bei Getter hat die biblische Suzanna als Liebesobjekt zweier Alter nun selbst zwei Liebhaber, denen sie beiden treu zu sein sucht. Die Tatsache, dass einer der beiden ein deutscher Architekt ist, spielt auf die Bedeutung der Bauhausschule für den Aufbau des Zionismus in Israel an, haben doch vor allem Bauhausarchitekten den Aufbau gestaltet. Entsprechend finden sich in vielen Arbeiten Getters Rekurse auf modernistische Architektur.[49] Wenn auch jener Architekt und Suzanna offenbar nach 1945 leben – in dem undatierten Brief spricht sie von Kibuzzim, der UdSSR und Israel – bezieht sie sich auf ein vergangenes Gespräch zwischen ihr und ihm über modernistische Architektur und Le Corbusiers ’Plan Libre’, dessen Platonismus sie gegenüber dem adressierten Architekten verteidigt. Dagegen steht der georgische Liebhaber, der heimatlos ist, und damit auch im Gegensatz zur Besiedlungspolitik in der Figur des Architekten. Beide Liebhaber verkörpern gegensätzliche Raumprinzipien, Ansiedlung versus Migration, ideale Planung ‚von oben’ und Realität ‚von unten’.

Die Frauenfigur erzählt, wie ihr Körper für diesen Mann zur Heimat wird, wobei sie sich selbst ortlos fühlt. Die Karten sind dabei eher eine Allegorie als eine Repräsentation: Würden Renaissance-Karten, so Getter in einem Kommentar zu ihrer Arbeit, durch die Kombination von geometrisch exaktem Raum und Weltdarstellung noch ein einheitliches Weltbild formulieren, wie es in Mercators Weltkarte (1569) zutage tritt, sei für ihre Figur Suzanna diese Einheit aufgebrochen: zwei Städte, zwei Liebhaber, mit der Getter die auch hier rhetorische Frage stellt, ob sich die ideale Liebe, wie sie von der höfischen Kultur erfunden wurde, auf zwei Liebesobjekte richten kann. Die sich wie Eheringe überschneidenden Stadtringe, brechen in ihrer Abweichung das Phantasma der Idealität, die als solches allerdings auch verloren ist.[50] Es ist also nicht nur Kritik, sondern auch die Sehnsucht nach der Versöhnbarkeit von Idealität und Realität, die Getter an solchen idealen Konstruktionen interessiert – zumal durch die extremen Erfahrungen von Heimat- und Ortlosigkeit, die das 20. und 21. Jahrhundert prägen. Sie schreibt: „From a cartographic point of view Suzanna’s letter introduces, instead of the old unification, a clash between two world views [der Idealität und Realität, Anmerkung SL]. She feels that there’s no place on earth for her love – not the Soviet Union, not the United States of America, not the Zionist State: nowhere.“[51] Im Unterschied allerdings zum Nirgendwo der Idealstadtpläne hat Getter einen Ort der Äußerung, der aus diesen getilgt ist, wieder eingeführt: nämlich zum einen in der Figur der Briefeschreiberin als verankert in Raum und Zeit sowie zum anderen in Gestalt der Künstlerin selbst als Herstellende der Wandzeichnung, der Abweichungen unterlaufen und die sich damit als Ausführende der Zeichnung artikuliert.

Der Rekurs auf den Modernismus, auf die Frage von Heimatlosigkeit und Migration rekurriert auf die Geschichte des Judentums. Städte wie Palma Nova, von Getter eingesetzt als extrem ambivalente Figur der Idealität, drücken einerseits eine Sehnsucht nach Ordnung aus und sind gleichzeitig von Unterdrückung und Kontrolle beherrscht. So erinnert Getter daran, dass sich auch die Nationalsozialisten bei der Planung der Konzentrationslager mit Idealstadtplänen aus der Zeit der Renaissance beschäftigten.[52] Ohne dass Getter ein spezifisches Lager nennen würde und abgesehen davon, dass die Sternform nicht das Paradigma der Lagerarchitektur darstellt, wurde im Fall des kleinen Lagers in Theresienstadt dieses in die dort bereits vorhandene Idealstadtanlage mit sternförmigem Wehrgrundriss aus dem 18. Jahrhundert integriert. Obwohl Getter sonst wenig auf die Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten und die darauf folgende Gründung Israels als Staat rekurriert, ruft sie mit dieser Idealstadtfigur eine komplexe Geschichte auf, die auf einige Ähnlichkeiten zusammenzuziehen mehr als tendenziös wäre und entsprechend hier auch nur in wenigen Punkten angedeutet werden kann. Hierfür ist aber zunächst die zweite Arbeit von Getter vorzustellen, in der sie diese Idealstadtpläne direkter als in ‚Suzanna’s Cities’ in den zusammenhang mit dem frühen Zionismus stellt.

2. ‚Boulevard Central (Nordau Garden City, 1920, Alexander von Baerwald)’ (2002)

‚Boulevard Central (Nordau Garden City, 1920, Alexander von Baerwald)’ (2002) (Abb. 9) greift explizit die Idee der modernen Gartenstadt auf. Gartenstädte gehören in die Tradition der sozialen Utopien, und knüpfen darin an die Idealstädte der Renaissance an. Sie wurden als Modell von dem Briten Ebenezer Howard Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt – zunächst in seinem Buch ‚To-morrow. A Peaceful Path to Real Reform’ (1898); und nochmals in zweiter Auflage 1903 mit dem neuen Titel ‚Garden Cities of Tomorrow’. Die Gartenstadt galt ihm nach einer ersten Phase als Kolonisierungsexperiment in den USA als die Lösung der im Zuge der Industrialisierung in Großbritannien entstehenden Probleme wie Städtewachstum durch Landflucht, Verslummung durch ‚Proletarisierung’ und die Existenz unhygienischer Verhältnisse. In Howards Diagramm ‚The Three Magnets’ (Abb. 10), das die Vorteile der Gartenstadt veranschaulichen soll, ist der Maget die Metapher für Anziehungskraft. Die Magneten town und country werden hier von dem dritten, dem town-country, in den Schatten gestellt. „Dem utopischen Ansatz Howards gemäß“, so die Architekturhistorikerin Ines Sonder in ihrer ausführlichen Studie über Gartenstädte, die allerdings zwar de genossenschaftliche allerdings nicht die koloniale Vorvergangenheit der Gartenstadt erwähnt, „sollte dieser Magnet unter Ausschluss aller Nachteile ausschließlich die Vorteile beider Kategorien in sich bergen, so z.B. ein reichhaltiges Arbeits-, Bildungs- und Kulturangebot, hohes Lohneinkommen, gute und emmissionsfreie Luft, naturnahes und naturverbundenes Leben, helle und hygienische Wohnungen, niedrige Bau- und Mietpreise, keine Elendsviertel.“[53] Dass Howard seine Gartenstadt als Diagramm darstellt, verbindet diese moderne Darstellungsform mit früheren Karten von Utopien, die ebenfalls diagrammatisch funktionieren: Einerseits sind sie nirdgendwo und erscheinen damit aber auch überall implementierbar.

Laut Sonder wurde die Gartenstadtidee nach dem Ersten Weltkrieg weltweit als „urbanes Planungsmodell“ adaptiert, etwa in den Kolonialländern des britischen Empire wie Indien, Australien und Afrika, aber auch in Nordamerika und Japan[54] und eben auch in zionistischen Kreisen. Schlüsselfiguren in Palästina waren der Architekt und Stadtplaner Richard Kauffmann sowie der Nationalökonom und Siedlungspromotor Franz Oppenheimer. Oppenheimer vertrat, so Sonder, als liberaler Sozialist das Prinzip der Gemeinwirtschaft. Howards ‚Gartenstadt’ war ihm dabei die wichtigste Referenz und er schrieb ein Geleitwort zur deutschen Erstveröffentlichung von Howards Schrift. Im Jischuv/Erez Israel/Palästina wurde diese Idee unter anderem durch ihn stark propagiert. So schrieb er auch jene Einleitung auf Bitten des Jewish National Fonds für jene Broschüre, mit der Geld zum Bau der sogenannten Nordau-Gartenstadt eingeworben werden sollte.

Jenseits dieser Reformbewegung in Deutschland wurde die Gartenstadt auch von anderen Seiten propagiert, etwa in dem Buch ‚Associations for the Colonization of Palestine’ des russischen Architekten Aikba Ettinger von 1919 und wiederum 1921 auf der sogenannten „Kolonisations-Konferenz“ der „Zionistischen Vereinigung“ in London. Wie Sonder schreibt, war „[a]ngefangen von den Stadtbauvisionen Theodor Herzls [...] bis hin zum ersten Nationalplan Israels und der Gründung von 28 neuen Städten nach dem Gartenstadtmodell [...] die Gartenstadtidee als Trägerin einer an Europa orientierten neuen städtischen Kultur fast 60 Jahre lang das städtebauliche Leitbild für zionistische Planer und Architekten.“[55] (Abb. 11)

Tamar Getter rekurriert für ‚Boulevard Central’ auf die nie über die Planung hinaus gekommene Nordau-Gartenstadt, mit deren Entwürfen der Architekt Alexander von Baerwald 1920 beauftragt wurde. Getters Wandarbeit besteht hauptsächlich, wie schon in ‚Suzanna’s Cities’, in der Aneignung einer Ansicht; in diesem Fall dem der Broschüre beigegebenen ‚Zukunftsbild der Nordau-Gartenstadt aus der Vogelschau’ (Abb. 12). Eine solche Ansicht ist im Sinne Marins ebenfalls utopisch, da sie als ideale Anlage keinen konkreten Ort besetzt, einen solchen aber Kraft der Repräsentation simuliert. Getter selbst zieht diese Verbindung, wenn sie betont, dass utopische Modelle und Pläne sie deshalb interessieren, „da es verobjektivierte Träume sind, die als implementierbar dargestellt sind.“[56]

Diese Vogelschau der Nordau-Gartenstadt war eingebettet in einen Text von Baerwald, dem auch die Gestaltung der Werbebroschüre oblag. Benannt ist sie nach einem Weggefährten Herzls, dem Kulturkritiker, Zionismusverfechter und Stichwortgeber des Entartungsdiskurses: Max Nordau zu dessen 70. Geburtstag. Dass diese Zeichnung dem Genre der utopischen Darstellungen zuzurechnen ist, lässt sich daran ersehen, dass Baerwald in seinem Text die Prinzipien dieser idealen Stadt – wie Kooperativen, Gemeinschaftliche Erziehung, Genossenschaften in der Industrie, Marketing, Dienstleitungen – in eine Form verpackt, die sich figurativen Stereotypen der utopischen Literatur verdankt. Dazu gehören nicht nur diese Themen, sondern auch die Form, dass ein oder mehrere Besucher in einem Gemeinwesen herumgeführt werden, um ihnen die Errungenschaften und die Vorteile desselben zu erläutern. Wie Herzl in seinem Roman ‚Altneuland’, hat auch Baerwald dieses literarische Genre bemüht, wenn er BesucherInnen der Gartenstadt – einen Knaben und seine Eltern, Herrn und Frau N.N. – und einen Berater in einen Dialog treten lässt. Der Berater ist laut Selbstauskunft beauftragt, „Sie durch unsere Nordau-Gartenstadt zu führen und Ihnen jede mögliche Auskunft zu geben“[57]. Die Erzählung ist als Rückschau inszeniert, in der der Berater erzählt, dass diese Gartenstadt zur Erinnerung an Nordaus 70. Geburtstag gebaut worden war. Entsprechend fungiert der der Broschüre beigelegte Stich als „Zukunftsbild“ und vorweggenommenes Dokument zugleich. Erzählung und Stich teilen sich beide dieselbe Perspektive: beide bieten den Besuchern die Gartenstadt zunächst in der Übersicht dar: „Knabe: Ach, ist das hier schön!! – Eltern: Wirklich wundervoll! – Vater: Das übertrifft bei weitem meine Erwartungen. Wie schön, da wir von dem hoch liegenden Bahnhof die ganze Stadt übersehen können.“[58]

Getters Arbeit besteht nun wieder darin, genau den Bruch zwischen der Natur der utopischen Modelle als Tilgung von Singularität und Ausnahme bei gleichzeitiger Idealität und Totalität sichtbar zu machen; und damit das Versprechen auf Heimat, weswegen dieser Plan überhaupt entworfen worden war, zu stören. „It means that the utopian fantasies with which I busy myself, including that of Alexander Baerwald’s Nordau Gartenstadt offer a place, a home, while downright negating any aspect of any home altogether. I dismantle that non-place of Baewald’s plan.“[59] – so Getters Kommentar. Sie lässt sich von der Anrufung, die von diesen Entwürfen ausgeht, ansprechen, indem sie den eigenen Körper auf Exaktheit, Auswendigkeit, perfekte Beherrschung trimmt, um diese Idealität dann durch Abweichung zu verfehlen.[60] Sie lernte diese Ansicht auswendig zu zeichnen und wiederholt sie für diese Wandarbeit sechs Mal nebeineinander, bis diese völlig fahrig und zerkritzelt ist. (Abb. 13) Unter die zunehmend aus dem Ruder laufende Idealansicht ist eine fragmentarische Körperspur gemalt, eine kopflose Frau, aus deren Körper diese Stadt geborsten scheint. Die Wandzeichnung ist die Performanz eines Widerspruchs zwischen einem idealen, am Reißbrett entstandenen Plan und der Realität von Körpern, für die die Stadt gebaut werden sollte und die in den Plan restlos hätten aufgehen sollen. In gewissem Sinne übt Getter körperlichen Widerstand. Denn für die ideale Konzeption des Gemeinwesens gilt perfekte geometrische Einheitlichkeit, bei der nichts stören, bei der nichts verfälscht werden darf. Dies gilt für die gesamte Tradition idealer Städte, wie Ruth Eaton in ihrem Buch rekonstruiert. Schon Platon unterstrich, dass „jede Abweichung von seinem idealen Modell von Nachteil sei“[61]. Getter produziert genau diese Abweichungen; eine „[...] oscillation between the ideal perfection of forms and plans, and the reality of the body itself is so uncannily imprinted in the clownish struggle to perform them correctly.“[62]

Getter wendet hierfür Materialien an, die aus dem Baubereich entnommen sind: Maurerlot, das mit Pigmenten bestrichen wird, oder Industriefarbe. Vor allem aber gehört zu ihrer Abweichung von Virtuosität und Könnerschaft, die auf eine perfekte Herstellung des idealen Modells zielen, dass sie mit verbundenen Augen malt. Dies bedeutet ein beständiges Stolpern der Zeichnung, und eine bewusste Ausschaltung visueller Kontrolle über den Zeichnungsprozess. „The action [of painting] reveals the body, and in this respect it is literally polarized to utopian static totality, to its servitude to the ‚once and for all’.“[63] Während, um nochmals an Marins Beschreibung zu erinnern, in der Utopie der Akt der Artikulation aus der getätigten Aussage getilgt wird, führt Getter die Zeichnung als einen körperlichen Akt aus, als körperliche Artikulation, als dessen temporäre Spur. Damit ist auf mehreren Ebenen der Faktor Zeit wieder in ein Genre eingeführt, das Zeitlosigkeit zu seinem Prinzip gemacht hatte. Dies gilt nicht nur für den Herstellungsprozess der Arbeit, sondern auch für ihre Ephemerität: Nach Ausstellungsende werden die Wände wieder geweißt und wie bei Performances existieren diese Arbeiten nur noch in der fotografischen Dokumentation – bzw. können andernorts wieder, mit orts- und zeitspezifischen Abweichungen wiederholt werden.

Auf diese Weise trägt sie in die scheinbare Zeitlosigkeit der Kartographie und in die metaphysische Zeit der Idealstadt die irdische, physikalische Zeit als Zeit der Arbeit, der Produktion eines Körpers und dessen physischen Möglichkeiten und Grenzen ein, und vollführt eine Gegenbewegung zu den Utopien in denen „[t]he physical occurrence, the ‚I’, and its historicity, that is its context, [...] must die.“[64]

Getter bezieht sich dabei auf Georges Perec, der den Unort als Effekt eines jeden utopischen Entwurfs beschreibt. „In Utopia hat alles seinen Platz; also vernichtet die Utopie jeden Ort.“[65] Oder um es mit Perec selbst zu sagen: „Alle Utopien sind deprimierend, weil sie dem Zufall, dem Unterschied, dem ‚Anderssein’ keinen Platz lassen. Alles ist geordnet worden, und es herrscht Ordnung. Hinter jeder Utopie steht immer eine große taxonomische Absicht: ein Platz für jedes Ding und jedes Ding an seinen Platz.“[66] Hatte bereits Siegert in seiner Untersuchung zur Raumordnung des Rasters das Platzanweisende der Utopie unterstrichen, lässt sich mit Marin hinzufügen, dass diese örtliche Nichtexistenz das Spiel der Repräsentation durchzieht. Getter antwortet nicht nur mit Unordnung, sondern mit einer Art körperlichem Wiederholungszwang, bis sich dieser erschöpft hat, um eben „nirgendwo hin zu gelangen“ – ein Prinzip, das sie gegen die Utopien wie gegen Repräsentationen stellt. „The utopist use of perspective, of its transparency, indeed exploits it as a means for quantitative control of space. My painings are cloudy in this respect. That is one reason why they are fragmentary, unbound by any stable formal principle.“[67]

Mit ihren Rekursen auf Idealität im Zusammenhang mit moderner Siedlungspolitik bringt und ihrer Wiedereinschreibung von Körpern steht Getter mitten im biopolitischen Paradigma der Moderne. Bereits Howards Siedlungsexperimente sind innerhalb eines solchen Rahmens diskutierbar, zu dem auch der moderne Urbanismus und seine kolonialen Politiken im Sinne von Besiedlungs- und Bevölkerungspolitiken gehören, wobei die Utopien bis zu Le Corbusier hier ihre eigene Rolle spielen. Es sei nochmal ans Definition von Utopien als in erster Linie als „dwelling phantasies“ erinnert. Howard war nicht nur von Londons Armut betroffen, sondern zunächst von communitaristischen Siedlungs- und Kolonieexperimenten in den USA beeindruckt, und gehört damit in eine Epoche, die Stanley Buder in seinem Buch ‚Visonaries and Planners’ wie folgt charakterisiert: „Early ninteenth-centry enthusiasm for colonies reflected the ideals of social perfection and experimentation inherited from the ‚Age of Reason’. These ideas were, in turn, combined with the exhiliarating sense of de novo beginnings experienced by Europeans as they explored and settled other areas of the world.“[68] Im Zuge dieser sozial-reformistischen Bewegung wurden Modelle erprobt, die später auch  für die Kolonialisierung Palästinas zur Anwendung kamen. Dass, wie Getter erwähnt, nicht nur die sozialreformerische Bewegung sondern später auch die Nationalsozialisten in ihrem Lagerbau auf Idealstadtpläne rekurrierten, bestätigt zunächst Foucaults Beobachtung einer modernen Bio- als Besiedlungs- und Bevölkerungspolitik, deren Ausmaße in dem unterschiedlichen Fällen nicht zu vergleichen sind, und als Umsetzungen der Biopolitik in ihren politischen Differenzen einer weitaus genaueren Untersuchung bedürften.[69]

Getters spezifische Weise des körperlichen Widerstands gegen diese biopolitische Dimension lässt sich mit Michel Foucault näher bestimmen. In seinem Essay ‚Das Denken des Außen’ hat Foucault auf die Gefahr eines rein reflexiven Diskurses aufmerksam gemacht. Gerade im Falle der Kunst könnte diese Gefahr bestehen, ist Reflexivität auf ihre Medien und Produktionsformen doch eines ihrer Grundprinzipien. Nur, so Foucault: „Jeder rein reflexive Diskurs droht die Erfahrung des Außen in die Dimension der Innerlichkeit zurückzuholen.“[70] Gegen diese Innerlichkeit aber auch gegen das Verbleiben beim Selben und Bekannten und damit auch das Verbleiben in einem bekannten Raum propagiert Foucault, dass die reflexive Sprache nicht mehr auf eine innere Bestätigung, auf eine zentrale und unverrückbare Sicherheit hin orientiert sein müsse, sondern auf eine äußerste Grenze, an der sie sich immer in Frage stellen muss und wo sie, an ihrer eigenen Grenze angelangt, nicht die ihr widersprechende Positivität trifft, sondern die sich verlierende Leere. Indem Getter die von Utopien von Karten und Karten als Utopien evozierte perfekte Adäquation von Zeichen und Figuren auflöst, löst sie auch die Identität des Subjekts und dessen Entsprechung zu den Zeichensystemen, die es mitkonstitutieren, auf, und führt es in jene von Foucault beschriebene Leere.

 

Quellen und Literatur

Quellen

Baerwald, Alexander, „Die Nordau Gartenstadt in architektonischer und bautechnischer Beziehung“, in: Eine Gartenstadt für Palästina. Festgabe zum 70. Geburtstag von Max Nordau, Jüdischer Verlag, Berlin 1920, S. 38–62.

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[1] Vgl. Goodey, Brian R., Mapping „Utopia“: A Comment on the Geography of Sir Thomas More, in: Geographical Review 60/1 (Januar 1970), S. 15–30.

[2] Ende Textabschnitt II. Vgl. Marin, Louis, The City’s Portrait in Its Utopics, in: ders., Utopics. The Semiological Play of Textual Spaces, übers. von Robert A. Vollrath, New York 1984, S. 201–232.

[3] Vgl. immer noch bestens als Überblick: Bianchi, Paolo/Folie, Sabine (Hgg.), Atlas/Mapping. Künstler als Kartographen; Kartographie als Kultur, Wien 1997.

[4] Vgl. in Bianchi/Folie (Hgg.), Atlas Mapping, S. 43. Zu Broodthaers weiterer Ersetzung nicht nur der Welt durch Utopie, sondern auch der Politik durch Poetik vgl. Marcel Broodhaers. Poliétique, hgg. von Sabine Folie, Gabriele Mackert u.a., Ausst.Kat. Kunsthalle Wien 2003, v.a. S. 104.

[5] Für eine künstlerische Behandlung der Kartographie im kolonialen Zusammenhang vgl. auch die Wandteppiche von Kentridge, William, Tapestries, hg. von Carlos Basualdo, Ausst.Kat. Philadelphia Museum of Art, Philadelphia 2008, sowie den Aufsatz von Bachmann-Medick, Doris, Texte zwischen den Kulturen. Ein Ausflug in postkoloniale Landkarten,  in: Bianchi/Folie (Hgg.), Atlas Mapping, S. 95-104.

[6] Harley, J.B., The New Nature of Maps. Essays in the History of Cartography, hg. von Paul Laxton, Baltimore, London 2001, S. 53 und 54. U.a. in Bezug auf Bertin, Jacques, Semiologie graphique: les diagrammes, les résaux, les cartes, Paris 1967.

[7] Ebd., S. 54.

[8] Louis Marin verweist in Bezug auf Repräsentationstheorien auf die paradigmatische Rolle von Karten und Porträts als Zeichen: „Elle est exemplairement le signe même et l’idée qu’on a d’elle – la représentation de cette représentation nommée carte – offre l’essence du signe.“ Marin, Louis, Les voies de la carte, in: Cartes et Figures de la Terre, Ausst.Kat. Centre Georges Pompidou, Paris 1980, S. 47–54, hier S. 47.

[9] Dies ist das Beispiel in der Logique de Port-Royal, die sprachtheoretische Schrift, die den Modus der Repräsentation begründet und auf die sich Louis Marin in seinen Schriften maßgeblich bezieht. Vgl. u.a. Marin, Les voies de la carte.

[10] Marin, Les voies de la carte, S. 47: „La carte geo-graphique [...] est la terre même en sa représentation.“

[11] Eine Geschichte des „kartographischen Blicks” durch die Jahrhunderte versucht ansatzweise Christine Buci-Glucksmann, ohne den Bogen zu bestimmten Handlungsformen zu schlagen, die mit einem solchen jeweiligen Blick befördert werden könnten. Buci-Glucksman, Christine, Der kartographische Blick der Kunst, übers. von Andreas Hiepko, Berlin 1997.

[12] Mignolo, Walter, The Idea of Latin America, Malden/MA u.a. 2005. Zu dem Zusammenhang von Kolonialismus und Kartographie vgl. auch den Text von Franco Farinelli in diesem Band.

[13] Vgl. Schmidt, Dierk, The Division of the Earth. Tableaux on the Legal Synoposes of the Berlin Africa Converence, hgg. von Lotte Arndt/Clemens Krümmel u.a., Köln 2010.

[14] Robinson, Ronald, The Conference in Berlin and the Future of Africa, 1884–1885, in: Stig Föster/ Walter J. Mommsen u.a., Bismarck, Europe, and Africa. The Berlin Africa Conference 1884–1885 and the Onset of Partition Oxford 1988, S. 1–32, hier S. 19.

[15] Zur sexuellen Aspekt der Kolonialisierung mit seinem „libidal drive for posession of foreign territory“ vgl. Zantop, Suzan, Colonial Fantasies. Conquest, Family, and Nation in Precolonial Germany, 1770–1870, Durham u.a. 1997, hier S. 6.

[16] Zur Wüste vgl.: Avermaete, Tom/Karakayali, Serhat u.a. (Hgg.), Colonial Modern. Aesthetics of the Past, Rebellions for the Future, London 2010 – ein auf der Ausstellung „In der Wüste der Moderne“ (Haus der Kulturen der Welt: Berlin 2008, Fabrique Culturelle: Casablanca 2009) basierendes Katalogbuch, in dem die AutorInnen unter anderem zeigen, wie die modernistischen Bauten und Stadtentwicklung Casablancas während der französischen Kolonialisierung auf der politisch gewollten Vorstellung von der Wüste als unmarkiertes Terrain beruhen.

[17] Vgl. ausführlicher die Textbeiträge in Schmidt, The Division of the Earth.

[18] Vgl. Siegert, Bernhard, Passagiere und Papiere. Schreibakte auf der Schwelle zwischen Spanien und Amerika, München 2006, S. 144.

[19] Ebd., S. 143.

[20] Ebd., S. 150.

[21] Haraway, Donna, Deanimations: Maps and Portraits of Life itself, in: Jones, Caroline A./ Galison, Peter (Hgg.), Picturing Science, Producing Art, New York 1998, S. 181–207, hier S. 184.

[22] In einer Email an die Autorin vom 20.03.2011. Mit Dank an Christine Meisner, die mich auf das Buch von Bernhard Siegert aufmerksam gemacht hat. Zu der gesamten Arbeit vgl. Daus, Cordula, Christine Meisner, in: Drawing Documents Nr. 1 (2010), S.11-15.

[23] Zur Geschichte des Rasters vgl. auch Damisch, Hubert, La Grille comme volonté et comme Representation, in: Cartes et Figures de la Terre, Ausst.Kat. Centre Georges Pompidou, Paris 1980, S. 30–40; dort mit weiterer Literatur. Damisch verweist hier auch bereits auf den Zusammenhang zwischen Raster und Kolonisierung, handelt es sich doch dem Kartenhistoriker Fernando Castaglioni (Orthogonal Town-Planning in Antiquity, Cambridge/Mass., 1971) um eine „’mode spontané d’organisation’ (S. 12), lequel se serait imposé, de par sa simplicité, son évidence même, dans le cas de la création ex nihilo d’une ville de coloniasation, du tracé d’un quartier résidentiel ou du développement en rase campagne d’une ville nouvelle, d’une neapolis” (Damisch, S. 32).

[24] Siegert, Passagiere und Papiere, S. 144.

[25] vgl. Ebd. Eine der vielen jüngeren Verwendungen im kolonialen Zusammenhang (vgl. bereits die Erwähnung der antiken Kolonialisierung bei Damisch, La Grille) ist das Raster des französischen Urbanisten Michel Écochard, der zur Zeit des französischen Protektorats in Marokko den Umbau Casablancas zur Handelsmetropole plante und durchführte. Bei der damit einhergehenden Umsiedlung der ländlichen Bevölkerung nach Casablanca legte er den Häusern der Neubauviertel ein Raster von 9 x 9 m zu Grunde. Vgl. dazu Avermaerte, Karakayali, von Osten, Colonial Modern.

[26] Hier nach Goodey, Mapping „Utopia“, S. 16.

[27] Hier nach Eaton, Ruth, Die ideale Stadt. Von der Antike bis zur Gegenwart, Berlin 2003, S. 82.

[28] „The city map is a ‚utopic’ insofar as it reveals a plurality of places whose incongruity let’s us examine the critical space of ideology.“ Marin, The City’s Portrait in Its Utopics, S. 201.

[29] Ebd., S. 207.

[30] Ebd., S. 206.

[31] Ebd., S. 207.

[32] Ebd.

[33] Ebd., S. 203.

[34] Vgl. zur Rolle der Kartographie vor allem unter Ariel Scharon sowie weiteren Raumtaktiken der israelischen Regierung bis heute Weizman, Eyal, Hollow Land: Israel’s Architecture of Occupation, London 2009.

[35] Sarah Breitberg-Semel interviews Tamar Getter about ‘Boulevard Central’ and ‘The Asiatic Company Building 03’, in: Getter, Tamar, Can you draw a circle freehand?, Katalogbuch, Tel Aviv 2009, S. 33–62, hier S. 43.

[36] Vgl. unter vielen anderen Brenner, Michael, Geschichte des Zionismus, München 2002.

[37] Vgl. zur Geschichte der Idealstädte: Eaton, Die ideale Stadt.

[38] Kruft, Hanno-Walter, Städte in Utopia. Die Idealstadt vom 15. Bis zum 18. Jahrhundert zwischen Staatsutopie und Wirklichkeit, München 1989, S. 10.

[39] Kruft, Städte in Utopia, S. 10

[40] Ebd.

[41] Rowe, Colin, Die Mathematik der idealen Villa und andere Essays, übers. von Christoph Schnoor, Basel u.a. 1998, insbes. das Kapitel: Die Architektur Utopias, S. 209-226.

[42] Marin, The City’s Portrait, S. 209.

[43] Ebd. S. 206f.

[44] Ebd. S. 207.

[45] Getter, Tamar, Urban Readings. A Lecture for a Colloqium at the Tel Aviv University School of Architecture, 23.–25. Mai 1999, unveröffentl. Manuskript. Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin.

[46] Eaton, Die ideale Stadt, S. 50.

[47] Getter, Urban Readings.

[48] Ebd.

[49] Sowohl in ihrem Malereizyklus ‚Go 2’ (2010), also auch in der aus vielen Einzeltafeln bestehenden Arbeit ‚The Asiatic Company Building 03’ (2003); vgl. zu letzterem Getter, Can You Draw a Circle Freehand? Und zu ‚Go 2’, Getter, Tamar, Go 2. Works 1974-2010, Tel Aviv 2010.

[50] Getter, Urban Readings: „Maybe this is what makes Renaissance cartography so intruiguing: a world picture that, together with God, we have lost for ever.“

[51] Ebd.

[52] Ebd.

[53] Sonder, Ines, Gartenstädte für Erez Israel Zionistische Stadtplanungsvisionen von Theodor Herzl bis Richard Kaufmann, Hildesheim u.a. 2002, S. 14.

[54] Sonder, Gartenstädte, S. 14.

[55] Ebd., S. 232.

[56] Sarah Breitberg-Semel interviews Tamar Getter, S. 43; vollständiges Zitat Getter: “As for Baerwald, I like in his scheme what I like in all utopian schemes and plans; they are objectified dreams made to look implemental. Such pcitures transfix themselves in our memory. They are more than pictures. They appear alike in many minds, in different places and times. The do not really belong to individuals.”

[57] Baerwald, Alexander, „Die Nordau Gartenstadt in architektonischer und bautechnischer Beziehung“, in: Eine Gartenstadt für Palästina. Festgabe zum 70. Geburtstag von Max Nordau, Jüdischer Verlag, Berlin 1920, S. 38–62, hier S.39.

[58] Ebd., S. 38.

[59] Sarah Breitberg-Semel interviews Tamar Getter, S. 57.

[60] Oder wie es die Kuratorin und Kunsthistorikerin Sarah Breitberg-Semel formuliert: „Getter’s assignments [der Körper als Maschine, geometrische Zeichnungen, Exaktheit etc., Anm. SL] [...] capitalize on the friction between the nature of the utopian model, a rigid predetermined whole, and the live human situation; singular breathing, open, unexpected.“ Sarah Breitberg-Semel interviews Tamar Getter, S. 33.

[61] Eaton, Die ideale Stadt, S. 15.

[62] Ebd.

[63] Sarah Breitberg-Semel interviews Tamar Getter, S. 58.

[64] Ebd., S. 57.

[65] Ebd. S. 43; „Total calculations aimed at solving the problems of humanity offer what Georges Perec had so masterfully formulated, and I have quoted so often: The ‚no-place’, he said, is the final effect of every utopian plan. It is suffocationg. In utopia everything has its place; it thus annihilates every place. Its totality is terrible, but at the same time, it is exciting because it is a deep expression of human desire.”

[66] Perec, Georges, In einem Netz gekreuzter Linien, übers. von Eugen Helmlé, Bremen 1996, S. 120.

[67] Sarah Breitberg-Semel interviews Tamar Getter, S. 57.

[68] Buder, Stanley, Visonaries and Planners. The Garden City Movement and the Modern Community, New York, Oxford 1990, S. 4.

[69] Marion von Osten und Peter Spillmann recherchieren derzeit im Rahmen des Forschungsprojekts „Model House“ an der Akademie der Bildenden Künste Wien die Übertragung des stadtplanerischen Rasters, wie es von Écochard im Zuge der Kolonialisierung Marokkos für Casablanca entworfen war, nach Israel; dies im Zuge einer dortigen Bevölkerungspolitik, die Juden aus arabischen Ländern gezielt an anderen Orten, nicht zuletzt in der Wüste, ansiedelte.

[70] Foucault, Michel, „Das Denken des Außen“, in: ders., Von der Subversion des Wissens, hg. und übers. von Walter Seitter, Frankfurt am Main 1987, S. 51.

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